Alle Muskelketten unseres Körpers stehen miteinander in Verbindung. Unser Stimmmuskel ist Teil des sensiblen Systems, der nur dann frei und mühelos funktionieren bzw. schwingen kann, wenn dieses System in sich „stimmig“ ist.
In der Stimmbildung/Körperarbeit beschreibt der Begriff Eutonie („Wohlspannung“, aus griechisch „eu“ (Wohl) und „Tonus“ (Spannung)) den Zustand des muskulären Ausgleichs im Körper, welcher unabdingbar für die Stimmgebung ist.
Die Stimme wird vom unwillkürlichen Nervensystem gesteuert. Wir können also nicht bewusst auf sie zugreifen, etwa indem wir sagen: „nun sei doch mal ein bisschen resonanzreicher“. Daher ist es von Bedeutung, dass wir die Bereiche „Atmung – Aufrichtung – Artikulation – Resonanz – Emotion“ bewusst wahrnehmen und stärken um einen Zugang zur Stimme zu bekommen.
Bereiche des Stimmfunktionskreis
Atmung
Sprechen und Singen findet während der Ausatmung statt. Der Körper muss gelöst und flexibel sein, damit alle Atemräume (unterer Rücken, oberer Rücken, Flanken, Bauch und Brust) erschlossen werden können.
Geht die Einatmung durch die Nase, so hat dies den Vorteil das die Einatemluft gereinigt, befeuchtet und erwärmt wird. Auch eine Einatmung durch den Mund kann physiologisch sein, wenn alle Atemräume genutzt werden und der Atem nicht hörbar „gezogen“ wird. Wie bei einer Welle gibt es im Körper eine Richtungsänderung zwischen Einatmung und Ausatmung. Nach der Ausatmung gibt es eine Pause, in der die gesamte Atemmuskulatur gelöst ist und auf den neuen Einatemimpuls wartet. Die darauffolgende Einatmung ist geräuschlos und unwillkürlich.
Sind alle Atemräume erschlossen, so hat die Stimme eine ungeheure Spannkraft. Die Stimmlippen werden aneinander angesaugt (Bernoulli-Effekt) und brauchen keinen Druck, um in Schwingung versetzt zu werden.
Aufrichtung
Die Aufrichtung ist von entscheidender Bedeutung für den Sprechablauf. Sie bringt alle Muskelketten in ihre physiologische Funktion und sorgt so für eine gute und freie Aufhängung der Wirbelsäule und somit auch des Sprechapparats (Kehlkopf) und der ihn umgebenden Muskulatur.
Artikulation
Je klarer und deutlicher unsere Artikulation, desto weniger muss unsere Stimme leisten. Jedoch gibt es einen Unterschied zwischen physiologischer Artikulation und künstlicher Überartikulation. Wichtig ist in jedem Fall die Lockerung und Flexibilisierung der sog. „Sprechwerkzeuge“ Lippen-Kiefer-Zunge und die Erschliessung der Resonanzräume im Gesichtsbereich.
Resonanz
Woher kommt die Stimme innerhalb unseres Körpers? Wohin wollen wir, dass sie geht? Welches Ziel soll sie haben? Resonanz ist das Spiel mit dem Klang. Wir können unsere Stimme lenken – durch Vorstellungsbilder, Körperpositionen oder Medien wir Bälle, Seile, Tücher usw. – um einen bestimmten Klang zu erhalten. Wenn wir in einer bestimmten Position oder Vorstellung das Gefühl haben, dass unsere Stimme „stimmig“ ist, uns das Singen oder Sprechen leicht fällt und wie von selbst geht, dann können wir unserem Körper seinen ureigen Klang entlocken. Danach ist jede künstlerische Freiheit erlaubt: wir können mit der Stimme spielen, sie verstellen, sie strapazieren uvm. Das macht eine Sängerstimme aus; sie schwingt, ist resonanzreich und hat einen satten, vollen Klang.
Emotion
Sprechen wir gut gefomt und wohlartikuliert vor uns hin, ohne ein bestimmtes Ziel zu verfolgen oder eine Botschaft zu transportieren, dann kommt beim Gegenüber lediglich eine belanglose „Schönsprecherei“ an. Es ist von ungeheurer Wichtigkeit, dass wir mit Bedeutung zu einem Gegenüber sprechen, dem wir die Geschichte wirklich erzählen, die Botschaft wahrlich vermitteln, das Gesagte wirklich verständlich machen wollen. Eine Emotion oder eine ehrlich gemeinte Intention beim Sprechen oder Singen, wirkt immer authentisch und die Menschen, zu denen wir agieren, werden erreicht. Daher ist Stimmarbeit untrennbar mit Authentizität und darüber auch mit unserem Seelenleben verbunden.
Schnelltest der eigenen Stimme
Atmen im Sitzen.
Geht die Atmung nur in die Brust, bzw. gehen die Schultern hoch?
Tönen vom F ins W ins O.
Fällt Ihnen das schwer?
Lassen Sie die Stimme anschwellen (Schwellton).
Wird die Stimme höher anstatt lauter?
Rufen Sie laut.
Rutscht die Stimme nach oben und wird dünn?
Lesen Sie einen langen Satz vor.
Wird die Einatmung bei den Sprechpausen hörbar eingezogen oder ist sie geräuschlos?
Sprechen Sie einen Zungenbrecher fünfmal hintereinander
Gelingt es Ihnen oder ist die Artikulation überfordert?
Wenn Sie 2 dieser Fragen mit JA beantworten, dann wäre ein Stimmtraining genau das richtige!
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